Dienstag, 17. April 2007

Zeit und Raum

In den letzten drei Tagen haben wir einen sehr speziellen arktischen Cocktail genossen, den ich "WSS" nenne: 1/3 Wind, 1/3 Sturm, 1/3 Schnee. Endlos ziehen wir unsere schwer beladenen Pulkas um den Hornsundfjord herum, und versuchen unseren Weg zum Südkap zu finden.

Das Vorankommen ist recht schwer, da wir uns durch tiefen und frischen Schnee wühlen müssen. Unsere arktische Karavane bewegt sich schwer und langsam vorwärts wie eine Elefantenherde.



Aber was in aller Welt gibt uns die Energie diese sinnlose Suche in dieser gefrorenen Wüste Spitzbergen fortzusetzen? Neugierde ist sicherlich einer der Hauptgründe, weiterzugehen. Wir sind permanent neugierig zu entdecken, was sich hinter dem nächsten Berg versteckt und welche arktischen Wunder auf uns warten. Jeder achtet besonders auf das, was uns die Wissenschaft gelehrt hat.

Kim, der Geologe, kann uns die Geschichte der Berge erzählen, indem er die Struktur der Steine beobachtet. Mats, der Biologe, liest die Fährten der "Ptarmiganen" (Schneehühner, AdR), den einzigen Vögeln, die in der Arktis überwintern. Hella, die Meteorologin, interessiert sich für "Zaturgis", besonderen Schneestrukturen, die vom Wind geformt werden. Ulli, der Glaziologe, verfolgt den Fluss der Gletscher und kann Gletscherspalten vorhersagen. Und mein wichtigstes Interesse gilt dem Meereis. Nur ein paar Zentimeter Eis, das Fjorde und Buchten abdeckt, sind notwendig, um uns neuen unendlichen Raum zu eröffnen und das Eis leicht zu überqueren.

Aber wir müssen vorsichtig sein!!!!!!!

Um uns in der arktischen Welt zurechtzufinden müssen wir auf der Hut sein und schnell vom beschaulichen Naturbeobachen auf voll Konzentration umschalten, um Gefahren wie Eisbären, Gletscherspalten oder Frostbeulen zu erkennen und zu vermeiden. Wenn ich müde bin vom Laufen und jeder Schritt eine Qual ist, versuche ich mich ganz auf den Moment zu konzentrieren, um mich von der rauhen Realität abzulenken, um den Schnee, der permanent
in mein Gesicht schlägt und den Wind, der jegliche Wärme aus mir heraussaugt, zu vergessen, damit ich die gesamte Umgebung, durch die wir uns bewegen, genießen kann.

"In jedem Moment liegt ein Stück Unendlichkeit"

Wie Sylvain Tesson, als er die Wüste Oustiourt in Kasachstan bei +45°C zu Fuß durchquerte, versuche auch ich mich auf mich selbst zu konzentrieren, um Raum und Zeit als Ganzes zu vergessen.

"Hier und Jetzt, in diesem Universum, herrscht ewige Ruhe, da weder Wind noch Sturm, der Realität entrückt, existieren können."

Lukas

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