Donnerstag, 31. Mai 2007

Von Beach Boys zu Eiszapfen

Letzte Woche standen wir an dieser Stelle noch in Boxershorts. Heute würde diese Kleidung den sicheren Tod innerhalb einer halben Stunde bedeuten. Ein kalter Tag, das ist sicher, trotz der relativ milden absoluten Temperatur. Denn der Sommer ist schon fast hier angekommen (obwohl es auch Leute gibt, die meinen daß es hier in Svalbard nie Sommer ist). Vor allem ist es wichtig, sich durch thermische Regulation im Gleichgewicht mit der Umgebung zu halten. Man könnte sogar behaupten, daß der wichtigste Aspekt des arktischen Reisens die thermische Regulation ist, die einen warm und trocken hält, bei der richtigen Wahl der Kleidung. Klingt einfach? Ist aber nicht!Zunächst braucht man mehrere Kleidungsschichten, wie eine Zwiebel.



Die unterste Schicht direkt am Körper, zum Beispiel "Devold Thermal Underwear", ist inzwischen schon vollgesogen mit dem Gestank, der davon kommt, daß man 2 Monate immer das gleiche anhatte. Ihr Hauptzweck besteht darin, dieFeuchtigkeit von der Haut fernzuhalten. Eine Freundin aus Nordnorwegen hat mir einmal gesagt: "Wenn man schwitzt , ist man tot", und ich bin mir sicher, sie hat damit keine Partie Squash gemeint. Hier draußen ist es der Schweiß, der als erstes friert, und dann wie ein Eispanzer um einen herum liegt. Man kann schneller erforen sein,oder sich zumindest ziemlich mies fühlen, als man "Eis ist schön" sagen kann.

Aber laßt uns zu unserer Zwiebel zurückkehren, die Isolierschicht ist das Wichtigste bei der thermischen Regulierung. Die zweite Schicht ist dafür da, dich warm zu halten, dafür kommt alles von Wollpullover bis Fleece in Frage. Man kann hier auch mehrere Schichten tragen, aber man muß daran denken, was passiert, wenn man schwitzt.

Zuguterletzt, die äußerste Schale. Sie muß dich vor Schnee, Wind und Kälte schützen und trotzdem den Schweiß herauslassen. Unter unseren Bedingungen werden alle äußersten Schichten früher oder später zu Eispanzern, aber solange sie die Kälte abhalten, ist es in Ordnung.

Also, warum ist das alles so relevant? 1000 Meter tiefer, an den mediterranen Küsten von Wijdefjorden, blühen die Blumen und die Rentiere grasen, aber hier oben haben wir die Sonnencreme und die Sonnenbrillen gegen Gesichtsmasken und Skibrillen ausgetauscht. Um es ganz offen zu sagen, müssen sich die Rentiere um die thermische Regulierung keinerlei Sorgen zu machen, weil die Natur sie dazu bestimmt hat, hier zu leben. Im Gegensatz dazu sind wir nur 5 (und ein halber) kleine Fremde in einer Umgebung, in der einen schon ein einfacher Schneesturm in die Knie zwingen kann. Zugegeben, die Pulkas bergauf in einem halben Meter schwerem Neuschnee zu ziehen, ist für niemanden ein Vergnügen. Hier ist es einfach zu verstehen, wie man Respekt gewinnt vor der Schneekönigin und ihrer Umgebung. Nun wißt ihr, warum man thermische Regulation braucht, was sie bedeutet, und ihr wißt auch, was ohne sie passiert......

Einer der gefrosteten Fünf.

Dienstag, 29. Mai 2007

Verloren, gefunden und vergessen!


Hey, habt ihr euch jemals darüber gewundert, was ich habe und ihr nicht? Was veranlaßt mich Ski zu fahren und dies zu schreiben und Euch nicht? Also, wenn ihr es nicht wißt, werdet ihr die Antwort schon bekommen. Ich bin vergeßlich, das ist alles. Ich tendiere dazu, das zu vergessen, was ich bei meiner letzten Reise gelernt habe, und deshalb gehe ich auf die nächste Reise. Oder in anderen Worten, ich habe vergessen, wie schön es war, und so verreise ich nochmal. Ich vergesse aber auch andere Dinge.

Auf Expeditionen muß man versuchen, mit seinen Sachen sorgsam umzugehen, gerade genug, aber nicht zu wenig. Aber ich möchte immer etwas loswerden, zum Beispiel meine Handschuhe. Als ich in südliche Richtung Ski fuhr, kam Lucas vor mich und fragte mich, was dieses schwarze Ding hinter mir sei. Hundekot antwortete ich, aber besser hätte ich es genauer untersucht. Zwei Minuten später hatte ich meine Handschuhe zurück!

Eine Woche später: Ich wollte meine Mütze schnappen, weil es kälter wurde. Keine Mütze, aber meine Annoraktasche ist weit offen. Schließlich erinnere ich mich, daß ich sie vor einer Stunde noch hatte. Das Ergebnis? André und ich gehen auf Suchtour. Nach 2 Stunden erreichen wir wieder das Team. Die Mütze wurde gefunden in einem guten Zustand, nachdem einige Skier und Pulkas darübergefahren waren. Mittlerweile habe ich meine Handschuhe ganz verloren. Darum sollen sich dann die Glaziologen und Archeologen in einigen Jahrhunderten kümmern.

Meine Kamera fiel aus meinem Rucksack, was eine weitere Suchrunde mit André und mir bedeutete. Das Beste letzte Woche, Mittagspause. Normalerweise bedeutet das, daß ich mein Lunchpaket aus der rechten Jackentasche hole. Diesmal nicht! Habe weder ein Jacke an, noch ist eine in der Pulka. Mal wieder, der gute alte Ulli erinnert sich, daß er die Jacke auf diese Reise mitgenommen hatte. Das bedeutet wieder 2 Stunden Suche. Ich liebe die Reisen, wo man die Dinge doppelt sieht!

Ulli

Die 10 am meisten vermissten Dinge

Erwartet ihr ein Gedicht? Oder vielleicht eine philosophische Überlegung darüber, was es bedeutet eine Tour über den größten Gletscher von Svalbard zu machen? Vergesst es! Vielleicht ist mir das endlose Skifahren in der Motorschlittenspur zu eintönig, oder vielleicht möchte Euch einfach mit ein paar netten Gedanken zum lachen bringen, und was wäre da nicht passender, als Euch mit einer Liste der 10 besten kleinen Dinge, die ich auf dieser Reise vermisse, zu beglücken:

10) Frischer Käse, Pommes mit Mayo; es wäre eine große Lüge, zu behaupten, daß ich gutes Essen mit vozugsweise gutem ( tschechischem ) Bier nicht vermissen würde.
9) After Sun Lotion: man bekommt leicht Sonnenbrand bei dem 24-stündigen Licht, wenn man in Boxershorts skifährt so wie ich, aber wo ist die Apotheke, wenn man eine braucht?
8) Einen Stuhl: Man kann es kaum glauben, wie schön es ist, sich hinzusetzen, sich zurückzulehnen und die Aussicht zu genießen. Auf die nächste Tour nehme ich mir einen Stuhl mit!
7) Eine gute Bücherei: Nachdem ich 2 Monate Stephan Gay Gould´s "Natural History essays" gelesen habe, beginnen meine Augen zu rollen, wenn ich die Worte "Darwin" oder "Evolution" noch einmal sehe, soll ich noch was sagen?
6) Farben: Lucas´s leuchtend grüne Hosen, 20 verschiedene Schattierungen von weiß, und das Rot von Ulli´s Daunenjacke,lassen einen nach einer bunteren Welt dürsten.
5) Ein elektrischer Kocher (mit Diesel Generator): Wenn ich meine Abende damit verbringen könnte, darüber nachzudenken, wie die Welt zu retten wäre, anstatt den Schnee zu schmelzen, unsere Probleme wären doppelt gelöst, und der Ton, den ein Wasserkessel macht ist so elegant.
4) "Jakutsi" (türkisches Bad). Duschen ist langweilig, aber ein "Jakutsi", um die Muskeln zu lockern und den Körper zu wärmen, der Himmel sollte uns das schicken.
3)Ein Oxford Dictionary: Bei unserer bunten Truppe ist es oft schwierig zu entscheiden, welche Worte es wirklich gibt und welche nicht. Man könnte immer noch ein Lagerfeuer machen, wenn es zu schwer würde.
2) Etwas anderes, als Müsli zum Frühstück. Wie liebevoll auch immer das Müsli morgens zubereitet wird, auch, wenn man wohlig im Schlafsack liegt (Danke Lucas und Ulli) ist es immer noch Müsli seit dem 56. Tag in Folge.....
1) Innebandy (auch bekannt als "Unihoc" oder "floorball"): ganz zuletzt, alle, die mich gut kennen, werden verstehen, daß es für mich eine Tortour ist, ohne Plastikstock und ohne Ball eine solch lange Zeit auszukommen.

Habt eine gute Zeit, schätzt die lange Liste der von mir benötigten Dinge, und ich werde mich bemühen, mich an den Dingen zu erfreuen, die ich vermissen werde, wenn ich wieder daheim bin, wie Schnee, Müsli, und eine spirituelle Verbindung mit der Natur!

Bis demnächst

Kim

Montag, 28. Mai 2007

Soweit so gut!

(der Blog über das, welche Veränderungen wir erlebt haben, und
noch etwas mehr)
Es gab Blogs über "White outs", über die großen Geschäfte und die weibliche Periode, poetische Blogs über die Mitternachtssonne, Fragen sind gestellt worden und sogar André hat es geschafft, seine Stimme zu Gehör zu bringen. Der heutige Blog ist ein Versuch, etwas weniger poetisch zu sein, und wir bemühen uns, euch zu erläutern, was wir bis jetzt erfahren haben.
Zu Beginn, als es noch sehr kalt war, haben wir unser Leben in Daunenjacken und mit Gesichtsmasken verbracht. Damals haben wir von warmem Wetter geträumt, das wir im Mai haben würden. Langsam schraubten sich die Temperaturen herunter mit der üblichen Stochastik, die mildes Wetter und warmer Wind im mittleren Winter erzeugt. Jetzt, wo wir bald Anfang Juni haben, ist das Wetter tatsächlich weniger kalt, aber die Luft ist eher feucht und der Luxus einer Daunenjacke ist von Zeit zu Zeit eine Erleichterung [...].
Wir haben Elfenbein-Möven gesehen, wegen denen ein norwegisches Polarinstitut ausgezogen ist, um sie zu finden. Der Frühling ist in der Arktis angekommen. Sowohl Robben als auch Eisbären haben es sich gemütlich gemacht, und an einigen Tagen, wenn die Sonne scheint, fahren wir nur im T-shirt und in langen Leggins Ski. Um uns herum hat sich die Landschaft sehr verändert und wir haben alpine Regionen durchquert mit hohen und schroffen Bergen, massive Gletscherfronten, die in den Ozean abbrechen, und Fjorde mit ihrem speziellen Gefühl von Einfachheit.
Aber wir haben auch mit Veränderungen innerhalb unserer kleinen Gruppe experimentiert. Wir hatten Diskussionen und Mißverständnisse, wir haben Zeltpartner ausgewechselt und wir mußten damit zurechtkommen, untereinander eher genervt zu sein. Etwas anderes zu sagen würde bedeuten, zu lügen. Wie auch immer, als wir unseren nördlichsten Punkt auf dieser Reise passiert hatten, hatte ich das Gefühl, daß wir alle unsere eigene Art gefunden haben, die Reise zu genießen. Eher individuell als als Gruppe.
Wir haben nun unsere Ski heimwärts gedreht und wir können den heimatlichen Geruch fühlen. Noch mehr Veränderungen werden kommen. Der Frühling wird in den Sommer übergehen und Ski und Stöcke werden ersetzt durch Rucksäcke und Wanderschuhe, bevor wir schließlich in weniger als 3 Wochen Longyearbyen erreichen werden.

Mats

Svalbard Skiing Scientific Expedition hat Durchquerung geschafft


Am 24.Mai 2007 um 21 Uhr Ortszeit haben die fünf Mitglieder der SSSE (Svalbard Skiing Scientific Expedition) den nördlichsten Punkt von Spitzbergen - Verlegenhuken - erreicht! Die Gruppe erreichte den Punkt genau 8 Wochen, nachdem sie die Hauptstadt der Insel - Longyearbyen - Ende März verlassen haben. Unserer Kenntnis zufolge ist dies die erste Svalbard Längsdurchquerung in diesem Jahr und wahrscheinlich die erste Durchquerung durch eine solch internationalen Gruppe überhaupt.
Das Team bestehend aus dem Tschechen Kim Senger, dem Franzosen Lucas Girard, dem Schweden Mats Bjorkman und den Deutschen Ulli Neumann und Hella Garny war nicht das Erste, das Spitzbergen´s Nordkap heute erreichte. Frische Eisbärenspuren führten an der Küste entlang bis zum nördlichsten Punkt. Die Expedition wird noch ca. 3 Wochen dauern, bis das Team Longyearbyen Mitte Juni erreichen wird.

Frozen Five

Anmerkung von der Unterstützungsgruppe: Um den nördlichsten Punkt zu erreichen brauchte es 56 Tage und 760km seit dem Start der Expedition. Die Reise von dem südlichsten zum nördlichsten Punkt war 470 km lang und die Gruppe benötigte 32 Tage (incl. 5 Ruhetage). Weiter Informationen unter "Daily Progress" bei www.frozenfive.org.

Mittwoch, 23. Mai 2007

Tagebuch eines Hundes


Hier bin ich: ein Grönlandhund (http://www.frbeiger.com/bredd-dogsledding.html) auf einem Ausflug. Schaut so aus, als ob es ein langer werden wird, aber keiner sagt mir genau wie lange wir in der Wildnis sein werden. Aber schon das Wort "Expedition" scheint mir sehr lang zu sein, und ein langes Wort bedeutet eine lange Tour, vermute ich. Eine "Expedition"! Bah, alles, was diese Typen machen ist Zeitlupenskifahren. Wenn es nach mir und nach meinen Hunde-Freunden ginge, wären wir schon längst am Nordpol und wieder zurück.

Den ganzen Tag muß ich diese schwere Pulka ziehen, die jemand zu allem Überfluß noch "Fiffi" getauft hat! Noch dazu schafft es dieser Typ, der sich Ulli nennt und vorgibt auch diese Pulka zu ziehen, mit seinen Beinen und Stöcken die ganze Zeit meinen freien Blick nach vorn zu versperren. Und wenn ich einmal Ausblick nach vorn haben will (und etwas seitlich ausschere) schreit er immer gleich: "Zurück zu mir!" und ich muß wieder zurück in seine Spur.

Nur gut, daß dieses nette Mädel mit dabei ist. Wenigstens eine, die mit mir knuddelt. Naja, die anderen tun es auch von Zeit zu Zeit. Wenn sie nur alle dieselbe Sprache sprechen würden! Oder glauben die etwa ich wäre ein Diplomat und spräche alle Sprachen der Welt?

Aber es gibt auch ein paar gute Dinge: Zweimal am Tag was zu fressen, und kleine Snacks wann immer ich einige übriggebliebene Krümel im Schnee finde. Einmal habe ich sogar einen ganzen Swebar gefunden, mmmmmmhhhhhhhhhh, pure energy for everybody! Es hat mich allerdings etwas gewundert, daß die anderen nicht so glücklich darüber waren. Es ist so wie neulich, als sie mich dazu bringen wollten, den Eisbären anzubellen, bei Vagabond. Aber alle anderen Hunde bellten ja schon, also hab ich mir nicht die Mühe gemacht... Natürlich, wenn so ein Eisbär MEIN Essen mopsen wollte, da würde ich schon bellen, und wie! Aber ansonsten? Ich bin doch kein Kläffer!

Vor ein paar Tagen hatte ich unbeschreibliches Glück, ich fühlte mich wie im 7. Himmel. Ich hatte eine Robbe zum Abendessen. Der nette Bursche in Austfjordneset gab mir Robbenfleisch, das Beste überhaupt: einen Robbenkopf!

Jetzt muß ich aber weiter, dort vorn sehe ich einen Stein der ein bißchen aus dem Schnee herausschaut, den muß ich unbedingt markieren! Selbst wenn dieser Ulli schon wieder dagegen sein wird, weil ich die Pulka in die falsche Richtung ziehe. Wäre viel leichter, wenn er gleich zu dem Stein gegangen wäre!

Servus,
André

Montag, 21. Mai 2007

Meine Familie in der Arktis.


Ich versuche meine Gedanken zu sammeln, um ein Thema für den Block zu finden, aber es ist etwas schwierig, nachdem wir sieben Stunden gegen die Schwerkraft angekämpft und die Pulka bergauf gezogen haben! Also, ich könnte über die schöne Landschaft schreiben, über den Fjord, den wir gerade entlang gegangen sind, oder über die zahlreichen Eisbären, die wir in dieser Gegend angetroffen haben, oder nochmal über die Farben der Robben in der Mitternachtssonne, oder ich könnte über unseren letzten Besuch bei dem ortsansässigen Trapper berichten, aber mit verlaub, alle diese Themen sind eher langweilig! Ich werde über etwas für mich Wichtigeres schreiben und Euch einige Geschichten über die fünf Lebewesen berichten, mit denen ich jetzt die letzten 50 Tage verbracht habe.

"Ladies first", laßt mich mit Hella beginnen. Sie beeindruckt mich wirklich mit ihrem Mut und ihrer Zielstrebigkeit. Sie ist wirklich perfekt die Frau in unserer Gruppe und sie hat den Mut, den poetischen Geist, der in dem Blog überhand nimmt, zu durchbrechen, und über unseren Alltag mit seinen körperlichen Bedürfnissen zu berichten. Aber sie hat 40 Tage gebraucht um die richtige Größe für ihre Teleskopstöcke herauszufinden...

Mats, unser Outdoorexperte, verliert niemals seine Ruhe und Gelassenheit, wie schlecht auch immer die Situation sein mag. Ich werde nie den Abend vergessen, Anfang April bei minus 30 Grad. Ich bin in meinen Schlafsack geschlüpft und habe gebetet, daß ich am nächsten Morgen lebendig aufwache, während Mats unbekümmert und laut ein Kapitel aus seinem Buch vorgelesen hat

Nun über Kim: Autor, Poet, Schriftsteller und Chefredakteur von unserem Expeditionsfilm. Kim ist der Kopf unserer Gruppe. Während der ganzen Zeit, die er auf seinen Ski verbringt, plant er voraus und sammelt Ideen was er als nächstes tun wird! Sein Schwachpunkt: aufwachen! Morgens schaut er während einer Stunde vollständig betäubt aus und kann nicht mehr als ein Wort aufeinmal sprechen!

Ulli ist unser Clown. Er hat für jede Situation ein lustiges Wort. Er ist auch wirklich ein Akrobat. Er hat einen großen Unfall überstanden, als seine Pulka in voller Geschwindigkeit über ihn hinweggerast ist. Meistens hat Ulli eine außergewöhnliche Energie, aber wenn er erschöpft ist, ist er es wirklich. An manchen Abenden ist er so müde, daß wir ihn mit dem Löffel füttern müssen.

Zum Schluß zu, André, unser Hund, der ein vollständiges Mitglied unserer Gruppe ist. Er ist immer in guter Stimmung, und seitdem Staffan (der Trapper von Austfjord) ihm einen Robbenschädel zu fressen gegeben hat ist er voller Energie. André´s größtes Problem ist es, sich an die 24-stündige Helligkeit zu gewöhnen. Sobald wir aufhören Ski zu laufen, legt er sich schlafen. Wir fragen uns, was er macht, wenn wir schlafen!

Eine Frage an Alle, die ihr meine Gefährten besser kennt als ich :meint ihr, sie benehmen sich normal?

Unsere kleine Gemeinschaft kommt ganz gut zurecht. Ab und zu gibt es etwas Streß und Krach. Im Allgemeinen geht schlechte Stimmung einher mit grauem Wetter und Müdigkeit. Gruppenentscheidungen sind nicht einfach zu treffen, und man muß flexibel sein, um eine Übereinkunft mit den Anderen zu treffen. Abschließend betrachtet liegt die wirkliche Schwierigkeit und Herausforderung bei unserer Expedition darin, alle zusammen zu bringen! Die körperliche Herausforderung ist nur sekundär.....

Lucas

Freitag, 18. Mai 2007

Dinge, über die sich alle wundern, aber über die niemand spricht!

Der Sommer hat begonnen! Die Daunenjacke wird durch ein T-shirt ersetzt, der Schnee schmilzt und heute haben wir die ersten Spuren von Vegetation entdeckt! Gerade eben lag ich in einem Streifen Gras in der Sonne ganz in der Nähe von "Austvotnhytta" in "Wijdefjorden", der ersten Hütte, die wir auf unserer Tour bewohnt haben. Und was für ein schönes Gefühl das ist, den Sommerwind zu fühlen und zu riechen, und auch wenn es sich für die meisten von Euch wie früher Frühling anfühlt, für mich fühlt es sich an wie tropischer Sommer!

Ganz nah bei der Hütte ist ein winziger geschmolzener Bach, das erste flüssige Wasser, das wir seit 1 1/2 Monaten gefunden haben. Und auch der Teil unseres Lebens hier draußen, der weniger schön und auch der härteste Teil des Tages ist, wird sehr viel leichter: ja, ich spreche über das "große Geschäft" um es in schöne Worte zu fassen.
So ungewöhnlich und sozial verpönt es ist darüber in der Zivilisation zu sprechen, so normal ist es hier. Schließlich ist es nur eine natürliche Körperfunktion, und wenn man so nah beisammen ist wie wir für 24 Stunden am Tag, beginnt man die Pein und die Erleichterung der täglichen Toilettenexpedition zu teilen. Aber solange es schön warm und sonnig ist wie jetzt, ist es wirklich besser als die Toilette zu hause: man schnappt sich seine Tüte mit Toilettenpapier, eine für das neue und eine fürs benutzte - (wir verbrennen das benutzte Toilettenpapier), und sucht sich einen ruhigen Platz in einem gewissen Abstand von unserem Lager: der Abstand kann variieren zwischen 50 Metern bis hinunter zu 2 Metern, abhängig von dem Bedürfnis nach Privatsphäre und von der Dringlichkeit.
Aber wenn das Wetter weniger komfortabel ist, ist es ein ganz schöner Aufwand ein Loch zu graben und einen Windschutz zu bauen, um sich vom Schneetreiben zu schützen, und das Toilettenpapier kann in sekundenschnelle davonfliegen.

Während ich von dem "großen Geschäft" rede, möchte ich eine Antwort auf die Frage stellen, die mir als einzige weibliche Teilnehmerin immer wieder gestellt wurde: wie gehst Du mit deiner Periode um? Also ich kann sagen, es ist überhaupt keine große Angelegenheit, du machst einfach dasselbe wie zuhause, und der weibliche "Abfall" wird mit dem Toilettenpapier verbrannt!
Und was ist mit schlechter Stimmung? Keine Medizin ist da besser, als sich zu bewegen und die Pulka durch den tiefen Schnee einen steilen Abhang herauf zu ziehen, ich kann es nur empfehlen!
Oh ja und wenn ich schonmal dabei bin, werde ich die zweite Frage beantworten, die mir gestellt wurde, wie ich mit den "duftenden" Jungs auskomme. Sicher, sie stinken, sie tragen die gleichen Kleider seit 47 Tagen, sie duschen nicht.... gerade so wie ich und es ist ein Vergnügen!

Hella

Montag, 14. Mai 2007

Schnee, die schillernde Seite des Lebens.

Laßt es uns betrachten: für uns ist kein Element eleganter als Schnee. Er ist um uns herum, er ist unter uns, in vielen Fällen ist er über uns und sowieso ist er in uns. Wir sind in der Welt der Schneekönigin. Ich bin nicht in einer besonders schneereichen Gegend aufgewachsen; woher meine liebe zum Schnee kommt ist ein Mysterium.

Schnee ist nicht weiß! Wenn die Sonne auf den Schnee scheint, laufen wir über endlosen Felder mit Eisblumen in grün, blau, rot und gelb. Es ist ein funkelndes weiß.

Der Schnee ist nie langweilig, er kann sich umwandeln in lustige Zustände, aber er bleibt immer Schnee: hart wie Beton, wenn er vom Wind komprimiert wird, nicht mal Sissi, meine Pulka, macht dann eine Spur in ihm. Im Pulverschnee dagegen fliegen meine Ski durch die frisch gefallenen Schneekristalle.

Es erinnert mich an uns Menschen und Tiere: alle sind Individuen. Schnee auf unseren Ski ist geschmackvoll - aber in deiner Unterwäsche (nach dem pipi) ist er, laßt uns sagen, ungewöhnlich.

Schnee redet! Wenn ihr mir nicht glaubt, versucht es selber. Sucht etwas Schnee, geht darüber und lauscht. Für mich erklingt beim Ski fahren über kalten Schnee die beste life Symphonie, die ich je gehört habe.

Pulkas über den Schnee zu ziehen ist nie dasselbe, weder Heute noch Morgen: Harter Schnee läßt uns fliegen! Tiefer Schnee läßt uns sterben! Einige Worte, die ich nach einer Gletscherbesteigung im tiefen Schnee notiert habe: "Alles was ich will ist, dieses nicht aufzuschreiben: Ich kniee tief auf meine Ski nieder, mein Körper immer noch angebunden an meine Pulka. Ich weiß nicht wirklich ob es mein Körper ist oder meine Gedanken, die ruiniert werden. Während dem ziehen pocht mein Herz, meine Vorstellung ist grau, die Beine zittern, alles Mist!"
Nachdem ich das gesagt habe danke ich allen, die uns aufmuntern, uns SMS schicken, besonders die Geburtstagswünsche.

Bitte antwortet auf folgende Fragen per SMS:
- Was kann man aus Schnee bauen?
- Was ist die Farbe im Innern eines Iglus?
- Wie groß ist die Schneekönigin?
Nicht einfach, ich weiß!

Eine besondere Bemerkung an die "Skidoo"-fahrer Paul und Sigrid: Ohne Euch würde sich die Erde nicht mehr drehen, Danke.

Ulli

Warum?


Heute ist nicht einer von diesen Tagen, an denen ich mich gewöhnlich
selbst frage: "Warum bin ich eigentlich hier?". Solche Tage gibt es dann, wenn die Pulka schwer durch den tiefen Schnee zu ziehen ist, oder wenn der Wind die Berge herabbläst und das Zelt vibriert.

Heute ist nicht so ein Tag, heute ist ein Tag wo die Sonne sich langsam dem Horizont nähert, kurz davor jedoch umdreht um dann wieder aufzusteigen. Heute ist ein Tag, an dem die ganze Welt lieblich in warmes Gelb
gehüllt ist, und der klare blaue Himmel die umgebende Bergsilhuette grenzenlos erscheinen läßt. Die blaue Farbe, die gleichzeitig hell und dunkel ist, eine Farbe, die man nur dort findet, wo die Luft sauber und trocken ist, eine wundervolle Farbe. Heute ist ein Tag, an dem ich weiß, warum ich hier bin.

Ich war bereits auf Touren mit Ski, zu Fuß, und auf dem Wasser, wo mein Paddel seinen tropfenden Gesang in dem dunklen Wasser erklingen läßt, das dem Biber und dem Hecht gehört. Ich bin viel in der Welt herumgereist, und von Zeit zu Zeit ist die Frage aufgetaucht, warum tue ich das? Die Frage ist nicht einfach, aber heute kenne ich die Antwort. Wie schon so oft, kam mir die Antwort heute während wir uns nach Norden bewegten, mit der tiefstehenden Sonne auf der einen Seite, und unseren langgezogenen Schatten auf der anderen.

Ich fühle mich vollkommen, vollkommen und erfüllt. Dieses Gefühl hatte ich vorher schon mal und ich würde diesen Moment für nichts eintauschen. Dieser Augenblick ist die Reise wert, eine lange Reise. Ich fühle mich auch zuhause zufrieden, zuhause mit denen, die ich liebe, zuhause in meiner Stadt, zufrieden in einer pulsierenden Stadt. Ich liebe Städte, ich liebe es, auszugehen.
Es gibt einen Unterschied, einen kleinen nicht benennbaren Unterschied, den ich niemals in Worte fassen kann: den Unterschied zwischen der glücklichen Zufriedenheit "zu hause" und der "hier draußen". Das mag der Grund sein, warum ich immer wieder auf Reisen gehe: Den Einklang mit der Natur zu spüren, wenn der Abstand zwischen dir und deiner Umgebung klein ist, und dein Leben ganz von der Natur abhängig ist. Du mußt nicht auf lange Reisen gehen, das Gefühl der Vollkommenheit kann überall entstehen. Man kann es in der Musik, in der Kunst, und bei der Holzarbeit finden, aber heute fühle ich mich vollständig und zufrieden.

Heute ist ein guter Tag, ein guter Tag, um sich zufrieden zu fühlen. Wir haben bisher keinen schlechten Tag erlebt, einen schlechten Tag, ohne den Moment, wo das Licht die Wolkendecke durchbricht, wenn das schillernde Licht sein Gloria auf die Abhänge und das Treibeis sendet. Ich denke, es war Ibsen, der norwegische Dichter, der einmal diese Worte gesagt hat: "Hier oben auf den Bergen, hier ist Gott, und unten im Tal
sind die anderen, die Bewohner"

Heute ist ein guter Tag, ein guter Tag und ich fühle mich vollkommen, aber ich würde nicht sagen, daß das ein religiöses Gefühl ist, ich betrachte mich nicht als ein Überwesen, als ein mystischer Held, oder ein besonderer Mann. Ich bin einfach ich selber, lebe mein einfaches Leben, im Moment in einer wundervollen Umgebung mit dem Gefühl der Vollständigkeit.

Die Berge, der Schnee, die Gletscher, die Sonne und der Himmel, alles fühlt sich so nah und doch so fern an. Mein Körper bewegt sich langsam nördlich vorwärts, aber ich bin weder hier, um Ski zu fahren, noch, um einen Fuß vor den Anderen zu setzen, sondern ich bin hier, weil dies ein Teil meines Lebens ist, und sich vollkommen zu fühlen ist Teil meines Lebens. Das Gefühl der Vollkommenheit hier oben und zu Hause. Die Sonne beendet nie ihre Reise über unseren Köpfen, erreicht ihren tiefsten Punkt und verschwindet hinter einem Berg. Kalte Luft erreicht uns über die Hänge und über die Gletscher, es ist Zeit, das Lager aufzuschlagen. Meine Zeit des Philosophierens wechselt in die tägliche Routine: Zeltaufbauen, Schnee schmelzen, eine Mahlzeit bereiten, und in den Schlafsack hinein zu gleiten und in die Welt der Träume. Aber das gute Gefühl ist immer noch da, das Gefühl der Vollständigkeit.

Mats

P.S.: Dieser Block wurde vor ein paar Tagen geschrieben. Heute, am 9. Mai, ist der zweite Tag, den wir in unserem 30. Lager verbringen, der zweite wegen Schlechtwetterbedingungen und der Liebeskummerrettungsrunde, die von Longyearbyen geschickt wurde, um die jüngsten und die ältesten Mitglieder von unserem Team zu erfreuen, als wir gerade die Hälfte unserer Tour hinter uns hatten. Das Leben meint es immer noch gut mit uns und ich habe immer noch das Gefühl vollständig zu sein, aber die Frage, warum wir alle hier auf diesem Planeten sind bleibt immer noch ohne Antwort. Einige Fragen sind einfach nicht vollständig zu beantworten.

Dienstag, 8. Mai 2007

Nordwärts durch die helle Nacht

Hier könnt Ihr einen deutschen Übersetzungsvorschlag von dem Gedicht lesen, das sich Kim ausgedacht hat. Die Originalversion findet Ihr auf der englischen Blogseite.


Geräuschlos durch die Stille,
nur Schnee stöhnt unter unsern Ski'n,
vom Morgen bis zum Abend,
doch wann ist Nacht, und wann ist Tag?

Die Zeit verloren - keine Uhr in Sicht,
das Dunkel schläft - weck es nur nicht.
Mein Geist ist leer, doch träume ich die Welt,
die Arktis ruft - wer ihr verfällt.

Die Nacht ist fern, die Stunden hell,
wie findet sich der Schlaf so ein?
Die Lider schwer - die Glieder müd,
der Geist träumt süß von Dunkelheit.

Wohin mein Geist, auf Wanderschaft?
Ich denk an Wind und Schnee und Sturm,
an Einfachheit, an Ewigkeit,
ein Traum ganz ohne Zweifel.

An Zukunft und an Morgen-Grauen,
an Liebe, Friede, Heimat,
an Zorn und sanfte Worte,
an Einsamkeit und Glück.

Nordwärts mein Ski, der Sonne zu,
nach jedem Schritt ein Schritt;
die Welt schläft fest, ein Schritt dazu,
der Gletscher weint, der Winter flieht.

Kein Stern zu sehn - der Himmel blau,
tagein - tagaus kein Dunkel,
im Licht ein glitzernd' Schneekristall,
ich denke an des Lebends' Sinn.

Warum? und wie,
mit wem, wer weiß?
Des Lebens' lauf bleibt niemals stehn,
mein Geist, der denkt, mein Herz erahnt.

Dies ist mein Heim,
wo immerzu die Sonne steht;
bin nicht allein,
die Arktis lebt, das Dunkle geht.

/Kim

Sonntag, 6. Mai 2007

Herzlicher Empfang auf der Vagabond!


Als wir den langen Inglefieldbreen-Gletscher hinunter in Richtung Ostküste laufen fängt mein Herz an zu klopfen. Hier brauche ich weder Karte noch GPS, meine Skier finden fast von alleine den Weg, ich fühle mich, als ob ich gleich heimkommen würde. Nur 2 km entfernt befindet sich unser zweites Vorratslager und ein Ort, der mir persönlich sehr wichtig ist: die französische Polaryacht Vagabond. Nachdem wir die letzten Moränenhügel umrundet und an der Gletscherfront - der blaue Glücksstreifen, wie Ulli ihn nennt- entlanggelaufen sind, taucht sie endlich auf: das roter Schiff mit dem hohen Mast. Stolz steht sie da in der kleinen geschützten Bucht: die Vagabond, der einzige bewohnte Ort an der wilden Ostküste von Spitzbergen.

Eric und France, die Skipper, sind die neue Generation von Entdeckern in der Arktis! Neulich haben sie den arktischen Ocean umrundet; durch Freunde unterstützt segelten sie entlang der Nord-Ost-Passage (an der Sibirische Küste entlang) and im nächsten Sommer sind sie durch die Nord-West-Passage (Kanada/Alaska) wieder zurückgekommen. Sie werden dir erzählen, daß es eine schöne und amüsante Reise war, aber es sollte einem zu denken geben, daß sie die ersten waren, die solch eine Herausforderung mit einem Segelboot gemeistert haben! Die Vagabond überwintert gerade in Inglefieldbukta und Eric und France bieten hier Wissenschaftlern, die die Gegend erkunden wollen ein Basislager und logistische Hilfe an. Ein Hauptprojekt betrifft die Ozeanographie. Man untersucht das Entstehen von dichtem kaltem Salzwasser im nahegelegenen Storfjord, das einen Einfluß auf die globalen Meeresströmungen hat.
Nachdem wir auf dem Schiff herzlich empfangen worden sind, haben wir uns zwei gemütliche Tage lang ausgeruht, uns mit den Leuten hier unterhalten und sogar einen Eisbären zu Besuch gehabt (sie sind hier an der Ostküste relativ häufig). Vielen Dank nochmal an Eric, Frace und Léonie für ihre wunderbare Gastfreundschaft! Dies ist mein 4. Besuch auf der Vagabond. Es ist ein Ort, an dem ich viel über Abendteuer und das Leben in der Arktis gelernt habe, während ich die Umgebung zusammen mit Eric und France genoß. Deshalb war es für mich besonders schön an diesen außergewöhnlichen Ort zurückzukehren. Die Bucht ist schon fast eine Heimat für mich. Ich glaube, das ist auch ein Grund unserer Reise: Spitzbergen war für ein Jahr unser
Zuhause (für manche ist es das noch immer), und wir genießen einfach einen kleinen Spaziergang in unserem "Garten".

Lucas

Die F5 an Bord

Die F5 haben die Polare Yacht Vagabond erreicht. Mehr davon im Logbuch.

Mittwoch, 2. Mai 2007

Buntes Weiß


Wir sind nun schon über einen Monat unterwegs. Der Tag, an dem wir Longyearbyen verlassen haben scheint lange her zu sein, aber immer noch vergeht die Zeit sehr schnell. Unser Alltag hier unterscheidet sich sehr von einem Alltag in der Zivilisation, mit den täglichen Routinen, wie zum Beispiel Schnee zu schmelzen, den Lagerplatz aufzubauen und natürlich Ski zu fahren. Die Tage sind ähnlich, aber es wird nie langweilig und jeder Tag hat seinen eigenen Charakter. Wir haben viele Gletscher und Pässe im letzten Monat überquert, mit den Skiern durch eine endlos scheinende Landschaft in weiß und in blau. Aber das Weiß ist nie dasselbe, es kann eher grau sein im Whiteout oder blau in einem Schatten, oder alle Arten von rot, orange und pink in der späten Abendsonne, oder eher Nachtsonne, weil die Zeit der Mitternachtssonne hat nun begonnen.

Die Zeitlosigkeit des arktischen Sommers erlaubt es uns unseren Tag nicht nach den üblichen Tageszeiten zu richten. In den letzten Tagen haben wir unseren Skifahr-Rythmus in den Abend und in die Nacht verlegt, wenn das Licht so wunderschön ist, und wir schlafen am Tag, wenn die Sonne auch schläft.

Wenn kein Wind weht ist oft nichts zu hören in der weißen Unendlichkeit der Schneewüste und alles um einen herum scheint wie tot zu sein. Ich bin deshalb immer sehr glücklich auf Lebenszeichen zu treffen, wie zum Beispiel die Rentierherde, die wir in "Sørkapp" getroffen haben. Sie kamen sehr nah heran, um die komischen Kreaturen zu inspizieren, die ihr Land durchqueren.

Oder auch die Vögel, die wir mehr und mehr sehen. Heute haben wir auch unseren zweiten Eisbär gesehen, aber so wie der Erste, schien er mehr Angst vor uns zu haben als andersherum. Er ist davongerannt, ehe wir ihn richtig erkannt hatten. Anscheinend schaut unsere Karavane aus 7 Pulkas, 5 Menschen und einem Hund für die meisten Bewohner von Svalbard sehr fremdartig aus.

Wir bewegen uns weiter fort entlang der Ostküste von Spitzbergen
in Richtung Norden, und hinterlassen unsere Spur im "bunten" Weiß.

Hella

Dienstag, 1. Mai 2007

Die Geburtstagsmission



Alle von uns haben einmal Geburtstag. Meiner war gestern, oder vorgestern? Jeder war eingeladen. Hella, Kim, Lucas, Mats und André und alle anderen. Und viele sind gekommen! Vier Scooter sind hintereinander zu unserem Lagerplatz gekommen. Die Geburtstagsmission ist angekommen!

Ihr könnt euch vorstellen, wie willkommen alle die Sachen waren, die sie mitgebracht haben, aber ihre Anwesenheit war das größte Geschenk für mich das ich nie vergessen werde! 200 Kilometer in einem unbewohnten Gebiet anzureisen ist nicht nur ein Ausflug, es ist eine Mission!

Ich war und bin immer noch überwältigt: Sigrid, Sonna, Pal und Trond feierten mit uns auf dem besten aller Lagerplätze, den es auf dem "Flatbreen " Gletscher, oder sonstwo im Universum gibt! Sie verließen uns Nordwärts mit unseren besten Wünschen für ihre Reise, mit Briefen an unsere Liebsten und herzlichen Gedanken.

Es geschehen wunderbare Dinge in meinem Leben, Freundschaft ist eine davon. Unsere Gedanken sind mit Sigrid, Sonna, Pal, Trond. Wir wünschen euch eine gute Rückreise und danken euch vielmals!

Ulli

Ein Stuhl, ein Bad im Eis, und ein Geschwindigkeitsrausch

Brandneue Nachrichten aus dem arktischen Eis!

Ich betrachte den roten Berg und die gefrorene Bucht neben unserem Lager während ich in einem komfortablen Sonnenstuhls sitze.
Ich betrachte die Bewegung des Meer-eises während ich ins Wasser springe.
Ich betrachte die wilden Gletscher Südspitzbergens während ich mit 45 km/h Ski fahre.

Wenn das alles keinen Sinn für euch macht, müßt ihr weiterlesen. Die letzten Tage waren sehr Aufregend: Wir haben einen ganzen Tag in unserem Lager auf einem Gletscher verbracht, mit der Aussicht auf die sogennante "Ibukta"-Eisbucht.



Der kontrastreiche Ausblick auf den zerfurchten Gletschers und die gefrorene Bucht war überwältigend und ich habe die Zeit damit verbracht, einen komfortablen Armstuhl aus einem Schneeblock herauszuschnitzen, um die Schönheit dieses Ortes voll genießen zu können. Es tut mir Leid, aber die Schönheit kann man nicht beschreiben. Nicht, daß ich es nicht wollte, aber ich kann keine Worte dafür finden. Ich habe den ganzen Nachmittag und Abend in meinem Stuhl gesessen. Vier Tage später kamen wir zu dem Stuhl zurück und der Stuhl war immer noch an der Stelle, wo ich ihn errichtet hatte, sichtbar in einem Abstand von mehr als drei Kilometern.

Im Garten meiner Eltern lernte ich Schwimmen. Schon als ich klein war haben
sie mir Schwimmunterricht im kalten Wasser gegeben. Diese Angewohnheit habe ich beibehalten. Lucas und ich haben die Ankunft der Frozen Five an dem südlichsten Punkt von Spitzbergen so gefeiert: Diese Stelle wird auch der Punkt ohne Weiterkommen genannt, aber wir sind ungefähr 100 Meter weitergegangen, um ein großes Loch in das 10 Zentimeter dicke Meereis zu schlagen.



Ob ihr mir glaubt oder nicht ist mir egal, aber ich habe jeden Moment des Bades genossen, bei einer Wassertemperatur von minus 1,9 Grad Celsius. Unbekleidet und schnaufend langsam in das Eisloch hineinzugleiten, das ist der Moment in meinem Leben wo mein Geist ganz leer ist, aber voller Konzentration. Einfach Unvergleichlich!

Also, wie kannst Du Deine Ski mit 45 km/h auf flachem Schnee ohne Beihilfe jeglicher Maschine fortbewegen? Mit einen Gleitschirm! Ein wenig Stoff, ein paar Schnüre, und ab geht`s. Einer meiner Freunde lieh mir seinen Gleitschirm für diese Expedition. Wir haben ihn nur ausprobiert, aber noch nicht dazu benutzt, große Entfernungen zu überwinden.



Bei gutem Wind ist es ein reines Vergnügen über den Schnee zu gleiten. Ich liebe den Adrenalinstoß in meinen Venen und ich muß zugeben, ich liebe die Geschwindigkeit, ohne maschinelle Kräfte. Der Wind rafft die Schnüre, es ist der Geschwindigkeitsrausch!

Ulli

PS und Erratum: Die Verständigungsschwierigkeiten mit dem Satellitentelefon haben zu einem lustigen Übersetzungsfehler geführt: Das Deodorant "PBM" aus dem Artikel vom 25. April hat sich als sogennantes "VBL" entpuppt, ein Anti-Kondensations Sack, den man in den Schlafsack stecken kann um ihn trocken zu halten und vor Eisbildung durch den eigenen Atem zu schützen. Lucas hat diese Erklärung an Sylvie per SMS geschickt.